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Gaia

Gaia erscheint bei Lovelock/Latour/Margulis als beides: als Organismus und Environment, und als Environment ist Gaia zugleich Innen und Aussen. Gaia umgibt nichts, weil Gaia Umgebendes und Umgebenes in einem ist. Sie ist die Summe aller Umwelten.

Der Begriff GAIA verweist, ähnlich wie der der -> kritischen Zone, zugleich darauf, dass das Leben auf der Erde auch verletzlich, gefährdet ist, „kritisch“ werden kann. Dabei spielen Klimawandel, Artensterben, Umweltverschmutzung, Industrialisierung und Überbevölkerung eine zentrale Rolle. Zeit und Raum, Wissenschaft und Politik und deren Verständnis ändern sich heute radikal: schon jetzt „reagiert“ die Erde/Gaia, verändert sich, „schlägt“ zurück. „Wenn es nur eine Erde gibt, und sie gegen uns ist, was werden wir tun?“ (Ex 652). GAIA soll nicht als „Rachegöttin“ profiliert werden, wie etwa Stengers es tut, sondern es soll auf den eigenständigen agentiellen Charakter von NaturKultur und der Erdsysteme hingewiesen werden, der von uns Menschen keinesfalls vollständig zu kontrollieren ist. Trotz aller Vermittlung und Rückkopplung:  es gibt das Irreduzible, den Vorrang des Objekts (Adorno), ihr Von-sich-aus

GAIA und ihre Aktanten (Dinge, Lebewesen und deren Bezüge und Verwicklungen) als „beseelt“ und „lebendig“ zu begreifen, umfasst damit mindestens zwei Motive: ein regressiv/ängstliches Motiv – die Sorge um den Planeten und um das Überleben des Menschen und/oder möglichst vieler Gattungen/Dinge. Und ein progressiv/gestalterisches Motiv –  den Wunsch, sich angemessen, angeregt und kreativ weiter um den Planeten Erde und dessen vielfältige NaturKulturen und Lebensformen zu kümmern/zu sorgen – und zu wissen, dass Gaia es im Moment auch (noch?!) tut. Mit der Natur bzw. Gaia muss folglich ein -> Naturvertrag geschlossen, die Erde und ihre Lebewesen, Pflanzen, Dinge und Bezüge müssen ins „Parlament der Dinge“ aufgenommen, sie müssen Stimmen und Stimm-Rechte bekommen. Letztlich geht es aber nicht vorrangig um Rechte und Ansprüche, sondern mehr um eine Haltung/ein Verhalten: eine andere Art zu fühlen/wahrzunehmen und des „In-und-Mit-der-Welt-Seins“ (Nancy). Nicht mehr um Distanzierung/Fakten, sondern um Bezüge,Concerns und Sorge. Alles, was fühlen kann, was lebendig ist, „spricht“  und/oder „schaut“ uns an, meint uns. Alles, was leiden kann, hat ein „Antlitz“, das uns fordert (Levinas/Derrida -> Animaux/Animots) und belebt, ggf. beglückt. Und mit allen diesen Lebewesen ebenfalls auch die Fülle unbelebter Dinge, welche für das Leben auf der Erde zentral wichtig sind. Letztlich hat auch das unbelebte Andere, selbst wenn es für kein einziges Lebewesen wichtig wäre, dennoch eine spezifische Textur, eine Art Gesicht, spezielle agentielle Fähigkeiten, welche eigene Prägekräfte haben, wie u.a. Ästhetik und Kunst erfahrbar machen. Der Animismus ist tot, es lebe der Animismus. Weil wir leiden können, verletzlich sind, wechseln wir vom Ethos/Dispositiv der Produktion/Distanzierung zum Ethos/Dispositiv der Begegnung, des Mitgefühls und des “Pathozentrismus” (Derrida) und damit zum Ethos oft auch der Freude und Lust.


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