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Wasser

Wasser ist essentiell für das Leben auf der Erde, für alle Lebewesen und Pflanzen. Es  ist essentiell für den Energie- und Wärmehaushalt der Erde, indem es zusammen mit der Luft für Absorption und Verteilung des Sonnenlichts bzw. von deren Wärme zuständig ist. Verdampfungen und Niederschläge bilden Wasserkreisläufe fast ohne Materialverlust: das kühlt heiße Stellen ab und erwärmt kühlere Bereiche, was insbesondere im Zeitalter des Klimawandels von Bedeutung ist. Die von der Sonne moderierten Wärme-, Wasser- und Stoffkreisläufe formen das Gesicht unseres Planeten Erde entscheidend und bilden den Schlüssel für das Leben und dessen Gelingen und Gefährdung. Dabei interagieren physikalische, chemische und biologische Prozesse. Verdampfung und Ausfällung, Auflösung und Kristallisation, und schließlich auf biologischer (Zell-)Ebene Bildung und Zerfall der Wassermoleküle und die Rekombination von Wasser mit anderen Molekülen (Atmung, Verdauung, Osmose usf.) sind zentrale Prozesse materialer Verteilung und der Entstehung und Erhaltung von Leben. Wasser transportiert eine Fülle von Materialien und interagiert mit deren chemischen und biologischen Stoffwechselkreisläufen (u.a. über Regulierung des pH-Wertes).  Es gibt kaum Prozesse, die ohne indirekten oder direkten Bezug zu Wasser stehen. Alles Leben entstand und entsteht dort.

Wasser ist entscheidend für die Widerstands- und Überlebensfähigkeit von Landschaften, tierischer und menschlicher Gemeinschaften. Alle lebenden Organismen in der Biosphäre und die Fähigkeiten von Landschaften, unterschiedlichen Ökosystemen zu dienen, hängen vom Wasser ab, sowohl in Bezug auf „grünes“ Wasser für Pflanzenwachstum und „blaue“ Wasserströme für menschliche Lebensräume. Wasser ist deshalb auch als  „Blutkreislauf der Biosphäre“  (Ripl 2003) bezeichnet worden, Voraussetzung für menschliche (aber auch tierische und pflanzliche) Gesundheit, die Nahrungsmittelproduktion und die Erzeugung einer Fülle ökologisch wichtiger Beiträge von der Biodiversität bis zur Temperaturregelung.

Der Klimawandel und das -> Anthropozän sind wesentliche Motoren für drastische Veränderungen der Wasserkreisläufe und –verteilung. Wenn die durchschnittlichen globalen Temperaturen im Vergleich zu heute um nur 2 Grad ansteigen, wird sich die Anzahl von Menschen, die in absoluter Wasserknappheit leben, um mindestens 40% erhöhen.  (Schewe et al. 2013). Ohne eine erdumfassende  Verantwortung für das Wasserproblem und eine gerechte Verteilung des Wassers können Armut und Hunger (als 2 der wichtigsten Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen.) nicht reduziert werden. (Rockström et al 2014).

Wasser ist, ähnlich wie Müll, zugleich sichtbar, wie unsichtbar. Wenn Müll (nur) „Materie am falschen Ort“ (Mary Douglas) ist, so kann das heutige Problem des Wassers in Zusammenhang mit der Klimaveränderung ebenfalls als ein Problem der Verteilung verstanden werden: es ist häufig „am falschen Ort“: es fehlt an manchen Orten immer mehr (Dürren z.B. in Ägypten) und führt anderen Ortes immer mehr zu Überschwemmungen und Naturkatastrophen (z.B. Starkregen, Stürme usf).

Wasser hat in der Geschichte des abendländischen Denkens immer wieder den Vorrang des Festen, des Unveränderlichen, des Bleibenden hintertrieben, steht es doch für Veränderung, das Fliessen und das Unterlaufen fester Bestimmungen. Ähnlich wie Sonne und Luft, steht es in mannigfaltigen Bezügen zum Leben, und dessen vielfältigen Notwendigkeiten: es ist mehr Fluidum, mehr Netz, mehr Mit-Sein, als Substanz, Wahrheit, An-sich oder Für-sich. Wasser findet sich in vielerlei Form, und dabei in kaum einer „reinen“: es ist (als dieser/dieses) Meer, Quelle, Brunnen, Fluss, Bach, Trinkwaser, Brauchwasser, Regen, Tau, Spucke, Urin, Ejakulat usf.. Es verbindet Himmel und Erde, oben und unten, bedeckt ¾ der Oberfläche der Erde, und ist Bestandteil aller Lebewesen und Pflanzen. Nur „mit“ ihm und „durch es“ ist und wird alles. Manche haben es deshalb zur primären Materie (Thales) erklärt. Wasser macht uns bewusst und läßt uns spüren, dass wir lebendig sind (Fruchtwasser) und zugleich endlich/sterblich. Wir sind durch unseren Körper einerseits, durch das Wasser andererseits in der Natur und leibhafte Teile der Natur und des Lebens. Wir leben sprichwörtlich nie in einem luft- oder wasser-leeren Raum…

Wenn Bachelard sagt, „das wahrhafte Auge der Erde ist das Wasser“ (l’eau et les reves, 45), so spielt er nicht nur auf den Spiegel-Charakter des Wassers in Seen, Pfützen und Brunnen an – sondern auch darauf, dass man erst die Erde und ihre vielfältigen Landschaften und Lebewesen versteht („sieht“), wenn man sie „mit den Augen“ des Wassers sieht: als mit dem Wasser verbunden und durch das Wasser erst geschaffen: Ohne Wasser keine Erde, kein Leben, kein Denken/Bewusstsein, keine Erkenntnis. Es ist klar, dass es “reines Wasser” nicht gibt, dennoch muss es für uns und viele Lebewesen/Earthbounds “sauber” genug sein. Es gibt auch hier kein Aussen mehr.

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