Konstruktion und Realität sind in der symmetrischen Anthropologie keine Gegensätze -Latour spricht von „konstruktivistischem Realismus“ (PAN 164). Worte haben sehr wohl einen Bezug zur Welt und Wissenschaften erfassen sehr wohl die Dinge (PAN 26). Aber sie transportieren, medialisieren und transformieren sie auch. Gerade durch „Referenzketten“ (Ex 130), durch Medialisierung (Diagramme, Labore, Aufzeichnungs- und Experimentalsysteme u.a.), durch Transporte und Veränderungen, werden Bezüge, werden die „Vorteile des Vernetzens“ (Ex 132) erst möglich. Latour spricht von „zirkulierender Referenz“ zwischen Aktanten und Prozessen des Verweisens zwischen wissenschaftlichen (Re-)Präsentationen einerseits (z.B. durch Karten, Blechschilder, Messungen u.a.) und den untersuchten Dingen (wie z.B. dem Boden des brasilianischen Regenwalds) andererseits. „Niemals läßt sich ein scharfer Bruch zwischen den Dingen und den Zeichen feststellen. Und niemals stoßen wir auf eine Situation in der willkürliche und diskrete Zeichen einer gestaltlose und kontinuierlichen Materie aufgezwungen würden, immer sehen wir nur eine kontinuierliche Reihe von ineinandergeschachtelten Elementen, deren jedes die Rolle eines Zeichens für die vorangehende und die eines Dings für das nachfolgende Element spielt“ (ZR 70). Überspitzt ausgedrückt: je mehr Instrumente, je mehr Vermittlungen, desto stärker der Bezug, desto „eher“ wird Realität begriffen. Dies ist besonders auch für die Kunst bzw. die künstlerische Forschung, aber auch für die Psychosomatik von Relevanz, da in beiden Fällen die „Vermittlungen“ einen besonders wichtigen und zugleich methodisch und material eigenständigen Status erlangen.
Realistischer Konstruktivismus und zirkulierende Referenz
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