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Moderne

Mit dem Aufkommen der empirischen Wissenschaften und der Vorstellung einer beobachterunabhängigen, unveränderlichen und dadurch manipulierbaren Natur versucht die Moderne Natur und Kultur zu trennen.  Latour spricht  dabei von „Reinigungsarbeit“. In Zusammenhang damit kommt es zum Bruch zwischen Machtverhältnissen, Politik, subjektiven Interessen und Rechtssubjekten auf der einen Seite (symbolische Welt) sowie objektiven Mechanismen und Naturgesetzen auf der anderen (materielle Welt). Whitehead nennt dies die  „Bifurkation der Natur“, die Aufspaltung der Natur/Wirklichkeit in ein Reich der Objekte und physikalischen Gegenstände und ein Reich des Geistes, der Sprache und Bedeutungen (Whitehead 1990, 26).

Während in der Moderne die Trennungs- und Reinigungsarbeitet immer weiter voranschreitet, findet zugleich aber auch eine immer intensivere Arbeit der „Vermitttlung“ statt, bei der Natur und Kultur sich zunehmend vermischen/verbinden: die modernen Kollektive transformieren und domestizieren die vermeintlich äußere Natur immer mehr. Es kommt zunehmend zur Ausbildung von „Hybriden“ und „Quasi-Objekten“: den Dinosauriern müssen ihre Paläontologen, den Elementarteilchen ihre Beschleuniger und den Ozonlöchern ihre Meteorologen und Chemiker an die Seite gestellt werden. Zugleich kehrt heute die vermeintlich beherrschte Natur in Form schmelzender Gletscher, künstlicher Viren, vergifteter Atmosphären stärker denn zurück, während die Technik in Form von Smartphones, Implantaten, Börsenkursen u.a.m. stärker denn je mit unserem Alltag verschmilzt. Damit wird die Art und Weise immer unplausibler, wie die Modernen zwischen sich und den Vormodernen unterschieden haben: „die Modernisierung hat nie stattgefunden“ (NM 103). Symbiosen und Parasitierungen werden zu neuen Leitbegriffen. Die großen Erzählungen/Projekte der Moderne (Aufklärung, Emanzipation, Domestizierung der Natur, Rationalität, Globalisierung, Autonomie u.a.) werden in Teilen immer fragwürdiger und deren „Nebenwirkungen“ und „Schattenseiten“ immer deutlicher. Eine Rückkehr zu Positionen rückwärtsgewandter Anti-Moderne oder einer rein dekonstruktivistischen Post-Moderne verbietet sich für Latour jedoch. Vielmehr gilt es, Formen lebensförderlicher Kollektive und Kompositionen mit „allen“ Aktanten der Erde zu entwickeln (-> Terrestrisches).


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